Mary-Frances O'Connor
Zielsetzung: Diese integrative Literaturübersicht fasst Erkenntnisse aus Psychologie, Neurowissenschaften, Immunologie und Psychophysiologie zusammen, die das Denken über Trauer und die Erforschung von Trauer geprägt haben.
Methoden: Beginnend mit den wegweisenden systematischen Beschreibungen von Lindemann zu den medizinischen und psychologischen Reaktionen auf den Tod einer Be-zugsperson aus den 1940er Jahren, stellt diese selektive Übersicht Erkenntnisse aus der Trauerforschung vor, die sich mit den medizinischen Folgen nach einem Verlust, ihren psychologischen Prädiktoren und biopsychosozialen Mechanismen befassen.
Ergebnisse: Morbidität und Mortalität nach dem Tod einer Bezugsperson sind seit langem Gegenstand der Trauerforschung. Frühere Untersuchungen beschrieben vor allem die körperlichen sowie psychischen Symptome und untersuchten Veränderungen in Immunzellen bei Hinterbliebenen. Neuere Forschungen haben in umfassenden epidemiologischen Studien wiederholt erhöhte Morbiditäts- und Mortalitätsraten bei Hinterbliebenen im Vergleich zu verheirateten Kontrollpersonen nachgewiesen. Zu den jüngsten Entwicklungen gehört auch die Entwicklung von Kriterien für eine Anhaltende Trauerstörung. Neuere Methoden, darunter das Neuroimaging, zeigen, dass der Tod einer Bezugsperson die größten Auswirkungen auf diejenigen hat, die die schwersten psychischen Trauerreaktionen zeigen. Die Erforschung der Verbindung von Trauerfällen und körperlichen Folgen ist relativ spärlich, aber es gibt einige Hinweise auf Unterschiede bezüglich des Grübelns, bei Entzündungen und bei der Cortisol-Dysregulation zwischen denen, die sich gut an die neue Lebenssituation anpassen, und denen, die dies nicht tun.
Schlussfolgerungen: Nächste Schritte hinsichtlich einer Weiterentwicklung des Verständnisses der körperlichen Folgen von Trauerfällen sollten Längsschnittstudien umfassen, die die Unterschiede zwischen akuten Reaktionen und späterer Anpassung zeigen. Wünschenswert sind auch Studien, die Stichproben von Personen mit Trauerstörungen und solchen mit typischeren Reaktionen vergleichen und die ebenso die Reaktionen in Gehirn, Geist und Körper erfassen.
O'Connor, M.-F. (2019). Grief: A Brief History of Research on How Body, Mind, and Brain Adapt. Psychosomatic Medicine, Vol. 81, Nr. 8, S. 731-738. doi: 10.1097/PSY.0000000000000717
Den Artikel finden Sie unter: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6844541/pdf/nihms-1058157.pdf oder wenden Sie sich an Hildegard Willmann (h.willmann@trauerforschung.de) und nennen Sie Autor*innen, Jahr und den englischsprachigen Titel der Veröffentlichung.

