Margaret Stroebe, Henk Schut, Maarten Eisma

Der Begriff "Prolonged Grief Disorder" (PGD) wurde im Jahr 2018 in die 11. Auflage der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-11) und im Jahr 2022 in die Revision der fünften Auflage des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen (DSM-5) aufgenommen.

Damit ist die Erfassung und Klassifikation von PGD nach etablierten Richtlinien für die wissenschaftliche Forschung und die klinische Praxis zu einem zentralen Thema geworden. Die Entwicklung von Instrumenten und Kriterien zur Erfassung von PGD ist nicht abgeschlossen. Darüber wird weiterhin diskutiert. Ziel dieses Artikels ist es, die Angemessenheit derzeit vorliegender Verfahren zur Klassifikation und Erfassung von PGD in der Forschung zu untersuchen und Leitlinien für künftige Untersuchungen und die Wissensweitergabe vorzuschlagen. Wir skizzieren die Standardschritte, die für das Vorliegen einer Diagnose und die Beurteilung einer psychischen Störung erforderlich sind (insbesondere die Durchführung klinischer Interviews). Um zu veranschaulichen, wie derzeit in wissenschaftlichen Artikeln über die Prävalenz von PGD berichtet wird, haben wir eine Suche in der Datenbank Scopus durchgeführt. Wir haben 22 relevante Artikel identifiziert, die zwischen 2019 und 2023 veröffentlicht wurden. Unser Literaturüberblick zeigt, dass (noch) keine Standardklassifizierungsverfahren angewandt werden. Die Prävalenz der PGD basiert auf Basis von Selbstbeurteilungsverfahren. Dabei wird die Rate aus dem Prozentsatz der Hinterbliebenen abgeleitet, die einen bestimmten Grenzwert in einem Fragebogen erreichen, ohne dass jedoch eine klinische Befragung stattfand. Dies führt wahrscheinlich zu einer systematischen Überschätzung der Prävalenz. Dennoch wird die erhobene PGD-Prävalenz häufig in den Titeln, Zusammenfassungen und Ergebnisabschnitten der Artikel benannt. Die Notwendigkeit, strukturierte klinische Interviews für die diagnostische Klassifizierung durchzuführen, wird nur unter den Einschränkungen in den Diskussionsabschnitten erwähnt. Sie wird jedoch nicht hervorgehoben. Der Artikel endet damit, dass wir Leitlinien für die Untersuchungen anhaltender Trauersymptome und die Wissensweitergabe zur Prävalenz von PGD vor-schlagen.

Stroebe, M. S.; Schut, H. A. W.; Eisma, M. C. (2024). On the Classification and Reporting of Prolonged Grief: Assessment and Research Guidelines. Harvard Review of Psychiatry, Vol. 32, Nr. 1, S. 15-32. DOI: 10.1097/HRP.0000000000000389

Den Artikel finden Sie online unter https://journals.lww.com/hrpjournal/fulltext/2024/01000/on_the_classification_and_reporting_of_prolonged.2.aspx oder wenden Sie sich an h.willmann@trauerforschung.de und nennen Sie Autor*innen, Jahr und den englischsprachigen Titel der Veröffentlichung.

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