Lyanne Reitsma, Clare Killikelly, Heidi Müller, Lene Larsen, Paul Boelen, Lonneke Lenferink

Hintergrund: Weltweit hat die Coronavirus-Pandemie-2019 (COVID-19) zu einem Anstieg der Sterblichkeitsraten geführt. Angesichts der hohen Zahl der Todesfälle und der potenziell traumatischen Merkmale von COVID-19-Todesfällen wird erwartet, dass trauerbezogene Belastungen bei COVID-19-Hinterbliebenen (im Vergleich zu Nicht-COVID-19-Hinterbliebenen) höher sind. Dieser Living Systematic Review (LSR) untersucht die empirischen Belege für diese Behauptung. Genauer gesagt, fasst dieser LSR Studien zusammen, die die Prävalenz und die Korrelate positiver und negativer psychologischer Auswirkungen von COVID-19-Todesfällen untersuchen. Diese Aktualisierung fasst die Erkenntnisse bis Juli 2022 zusammen.

Methoden: Für die Literatursuche wurden die Datenbanken PsychInfo, Web of Science und Medline genutzt. Das Screening und die Datenextraktion führten zwei Reviewer unabhängig voneinander durch. Einschlusskriterien waren: quantitative Studien, von Experten begutachtete Artikel (peer-review), die anhand von validierten Messwerten über positive und/oder negative psychologische Ergebnisse bei COVID-19 trauernden Erwachsenen berichteten. Wichtigste Outcome-Variable war die anhaltende Trauersymptomatik (PG).
Ergebnisse: Bei der Suche wurden 9871 Artikel gefunden. Davon erfüllten 12 Studien die Einschlusskriterien. Alle Studien enthielten Prävalenzraten und/oder Symptomni-veaus von psychologischen Merkmalen nach COVID-19-Todesfällen. Prävalenzraten psychologischer Merkmale lagen in erster Linie für (akute) PG, pandemische Trauer, Depressionen, Ängste und funktionelle Beeinträchtigungen vor und variierten stark unter den zwölf Studien (z. B. zwischen 29 % und 49 % für akute PG). Keine Studie hat Prävalenzraten zu positiven Auswirkungen erfasst. Ein engeres verwandtschaftliches Verhältnis, ein unerwarteter Tod und COVID-19-Stressoren führten zu einer höheren psychischen Belastung.  
Schlussfolgerungen: Die geringe Anzahl an Studien und deren große Heterogenität begrenzen die Aussagekraft bezüglich der psychologischen Auswirkungen von COVID-19-Todesfällen. Dieser LSR fasst den aktuellen Forschungsstand regelmäßig zusammen und kann Klinikern, politischen Entscheidungsträgern, Fachleuten des öffentlichen Gesundheitswesens sowie Wissenschaftlern bei zukünftigen Forschungsvorhaben als Orientierungshilfe dienen.

Reitsma, L.; Killikelly, C.: Müller, H.; Larsen, L.; Boelen, P.; Lenferink, L. (2023). Prevalence and correlates of positive and negative psychological effects of bereavement due to COVID-19: A living systematic review, F1000Research, Vol. 12, S. 237. https://doi.org/10.12688/f1000research.130397.1.  

Bei Interesse am gesamten Artikel wenden Sie sich an h.willmann@trauerforschung.de und nennen Sie Autor*innen, Jahr und den englischsprachigen Titel der Veröffentlichung

Linktipp:
Trauer in Zeiten
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 www.gute-trauer.de


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