Deborah Carr, Kathrin Boerner

Helena Lopata schrieb in “Widowhood in an American City“ (1973), dass Witwen neue Liebesbeziehungen als problematisch erleben, weil die eigenen Kinder einer neuen Partnerschaft häufig ablehnend gegenüberstehen. Seit der Veröffentlichung von Lopatas Klassiker haben jedoch nur wenige Studien untersucht, wie sich neue Liebesbeziehungen von Witwen und Witwern auf das Verhältnis zu den eigenen Kindern auswirken.

Gestützt auf Daten der prospektiven Changing Lives of Older Couples study (CLOC – Studie) sind wir folgenden Fragen nachgegangen: (1) Welche Auswirkungen hat die neue Liebesbeziehung einer verwitweten Person auf das Eltern-Kind-Verhältnis sechs und 18 Monate nach dem Verlust? (2) Inwieweit können diese Aspekte durch Merkmale erklärt werden, die bereits vor dem Verlust vorlagen? Und (3) Welche Faktoren beeinflussen den Zusammenhang zwischen einer neuen Liebesbeziehung der Witwe/des Witwers und der Eltern-Kind-Beziehung? Die Ergebnisse der multivariaten Analyse zeigen, dass Witwer, die sechs Monate nach dem Verlust an einer neuen Liebesbeziehung interessiert waren, ein geringeres Maß an Unterstützung und mehr Konflikte mit den Kindern erlebten. Dahingegen erfuhren die Witwen, die offen für eine neue Partnerschaft waren, eine Verbesserung der Beziehungen. Dieses Muster passt zur Tatsache, dass Männer nicht nur Interesse an einer Beziehung haben, sondern diese auch eingehen, wohingegen Frauen ihren Beziehungswunsch eher nicht realisieren. Das enge Verhältnis zwischen Vater und Kindern wird vor allem dann durch die neue Liebesbeziehung beeinträchtigt, wenn bereits zuvor eine angespannte Vater-Kind-Beziehung bestand. War die Beziehung hingegen bereits vor dem Verlust gut, wird sie eher noch enger. Eine neue Liebesbeziehung wirkt sich eher auf die Eltern-Tochter-Beziehungen negativ aus als auf die Eltern-Sohn-Beziehungen. Zusammenfassend kann man sagen, dass neue Liebesbeziehungen das Eltern-Kind-Verhältnis in bestimmten Fällen verschlechtern. Sie können aber auch die Beziehung zwischen der Witwe/dem Witwer und den eigenen Kindern intensivieren. Die Bedeutung dieser Ergebnisse für das Wohlbefinden älterer Witwen und Witwer und den erwachsenen Kinder wird abschließend diskutiert.  

Carr, Deborah; Boerner, Kathrin (2013): “Dating after late-life spousal loss: Does it compromise relationships with adult children?”, in: Journal of aging studies, Vol. 27, Nr. 4, S. 487-498.

Bei Interesse am gesamten englischsprachigen Artikel wenden Sie sich bitte an
h.willmann@trauerforschung.de

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