Thomas Le François, Charlotte E. Hilberdink, Annick Haelewyn et al.
Hintergrund: Bei älteren Erwachsenen ist das Risiko erhöht, dass eine ihrer Bezugsperson stirbt. Etwa 10 % der Erwachsenen entwickeln nach einem Verlust eine Anhaltende Trauerstörung (ATS).
ATS ist durch belastende und beeinträchtigende Symptome, verminderte Lebensqualität und erhöhtes Suizidrisiko gekennzeichnet. Aufmerksamkeitsprozesse können zur Pathophysiologie von ATS beitragen. Bei Trauernden scheinen der rostrale (rACC) und der dorsale anteriore cinguläre Cortex (dACC) unterschiedliche, sich jedoch ergänzende Aufgaben im Hinblick auf die Aufmerksamkeit zu spielen. Wie das Zusammenspiel dieser beiden Hirnregionen zur Schwere der PGD-Symptome beiträgt, wurde bislang noch nicht untersucht. Diese Studie untersuchte die Zusammenhänge zwischen der Schwere der ATS-Symptome und der funktionellen Konnektivität im Ruhezustand (rsFC) des rACC und dACC.
Methoden: 81 ältere Erwachsene, die vor mehr als einem Jahr einen Verlust erlebt hatten, durchliefen fMRT-Scans im Ruhezustand und füllten einen trauerspezifischen Fragebogen namens Inventory of Complicated Grief (ICG) aus. Es wurde eine voxelweise seed-basierte rsFC-Analyse durchgeführt, um Zusammenhänge zwischen den ICG-Gesamtwerten und der rsFC für den rACC und den dACC zu untersuchen.
Ergebnisse: Höhere ICG-Werte waren mit einer erhöhten rsFC zwischen dem rACC und den linken frontalen Bereichen und dem rechten rACC sowie zwischen dem dACC und Clustern im hinteren cingulären und parietalen Kortex verbunden. Personen mit wahrscheinlicher PGD (ICG ≥ 30) zeigten einen stärkeren Anstieg der rsFC zwischen dACC und parietalem Kortex als Personen ohne PGD (ICG < 30).
Schlussfolgerungen: Die Schwere der PGD-Symptome bei älteren Trauernden war mit Störungen der rsFC-Muster innerhalb der und zwischen den Gehirnregionen verbunden. Dies kann zu einer beeinträchtigten Emotionsregulation, Gedächtnisverarbeitung und zu Aufmerksamkeitsverzerrungen führen, wobei die Veränderungen bei Personen mit wahrscheinlicher PGD stärker ausgeprägt waren. Diese Gehirnregionen könnten als Ansatzpunkte für zukünftige Behandlungsentwicklungen dienen.
Le François, T.; Hilberdink, C. E.; Haelewyn, A.; Lehodey, A.; Soussi, C.; Delarue, M.; Hébert, O.; Landeau, B.; Chételat, G.; Bui, E.; the Medit-Ageing Research Group (2025). Resting-state functional connectivity of the rostral and dorsal anterior cingulate cortex in older bereaved adults. Journal of Affective Disorders, Vol. 385:119382. doi: 10.1016/j.jad.2025.05.042
Bei Interesse am gesamten Artikel wenden Sie sich an Hildegard Willmann (h.willmann@trauerforschung.de) und nennen Sie Autor*innen, Jahr und den englischsprachigen Titel der Veröffentlichung.

